Mit dem Tang bespielt BYD das Segment der großen siebensitzigen Elektro-SUV. Und auch bei diesem Modell überrascht Chinas größter Autohersteller mit nahezu durchwegs sehr guter Qualität und ausgefeilter Technik.
Die Zeiten haben sich geändert – die früher noch von vielen belächelten chinesischen Hersteller haben in Windeseile aufgeholt. Wer jetzt höhnt, China hätte bestehende Ideen abgekupfert, der liegt definitiv falsch. Was China ausmacht ist es, schnell dazu zu lernen, Fehler zu vermeiden und falls es doch welche gibt, diese auch schnell auszumerzen.
BYD ist da ein Paradebeispiel und auch der hier getestete Tang macht da keine Ausnahme. Da wäre einmal das Fahrzeugdesign. Der Tang wirkt trotz seiner Größe ausgewogen und optisch (halbwegs) leicht. Das liegt vor allem an der leicht abfallenden Dach- und der dynamisch gezeichneten Fensterlinie inklusive der prägnanten Chromleiste, die flott nach hinten ausläuft und so den Wagen optisch zusätzlich streckt. Das nimmt ihm ein wenig die Massivität, die ein siebensitziges SUV in den meisten Fällen so vor sich her trägt.
Passend zu den voluminösen Abmessungen montiert BYD große, aerodynamisch optimierte Räder – auch das nimmt dem Wagen optische Wucht. Beim Interieur spielt BYD groß auf. Die Wohnlandschaft wirkt einladend und wenn man sich die grellen Farben der Ambientebeleuchtung verkneift und das alles dezenter einstellt, dann wirkt das Ganze überhaupt nicht chinesisch. Auch weil man fast bis ins letzte Eck auf sehr hochwertig wirkende, meist unterschäumte und teilweise mit schönem (Kunst-) Leder bezogene Materialien trifft. Das gleiche gilt für die bequemen Sitze.
BYD-like ist der drehbare Riesen-Screen in der Mitte – eine Spielerei, die man eigentlich nur zu Vorführzwecken verwendet, wenn man Mitfahrende beeindrucken will. Darauf spielt sich die Bedienung ab – in der Regel weitgehend rätsel- aber leider nicht ganz fehlerfrei. Vor allem beim Starten von Apple Carplay oder Android Auto ist uns das System hin und wieder abgestürzt.
Apropos Fehler: Der BYD Tang schafft es in bestechender Form, nahezu keinerlei Speedlimit richtig zu erkennen. Es geht so weit, dass er auf der Autobahn 10 km/h ins Head-up-Display einspielt und in der innerstädtischen Dreißigerzone dann 255 vorgibt. Das ist so grotesk, dass es schon wieder als verschrobener aber sympathischer Charakterzug rüber kommt – das leidige Gepiepse stört dann aber doch sehr. Ebenfalls schräg ist der übermotivierte Müdigkeitswarner – ein verhaltener Gähner genügt um vom System gemaßregelt zu werden. Insgesamt sind das aber alles Kleinigkeiten, die wahrscheinlich beim nächsten Update ausgemerzt sein werden – und kein Hahn kräht mehr danach. Außerdem sei angemerkt, dass wir sowas schon bei weitaus teureren europäischen Premium-Produkten im Fuhrpark erlebt haben, die waren da oft um keinen Deut besser.
Und wie fährt er sich? Kurze Antwort: Typisch chinesisch – im positivem Sinn! Dort liebt man das bequeme, komfortbetonte Weiterkommen. Lediglich die oben erwähnten groß dimensionierten und dementsprechend wenig dämpfenden Reifen sorgen für ein etwas sprödes Abrollverhalten. Ansonsten alles easy – Lenkung leichtgängig, der Tang schreit generell nicht nach Speed, obwohl er auch das durchaus können würde.
Der BYD Tang ist nämlich ein richtig kräftiges Gefährt. Er leistet 380 kW und Allradantrieb sorgt für Traktion, so wird das große SUV auch in 4,9 Sekunden auf Hundert beschleunigt, sofern man das braucht. Ebenfalls sehr ambitioniert, der Durchzug – dank 350 Newtonmeter Drehmoment vorne und hinten geht da schon ordentlich was weiter. Aber wie schon gesagt, der BYD Tang ist eher gemütlich ausgelegt und das sorgt dann auch für sehr gute Reichweiten. Dafür spendiert BYD dem SUV auch eine der Größe des Fahrzeugs entsprechend 108 kWh fassende Blade-Batterie. Damit kommt man dank unserem Verbrauchsschnitt von rund 25 kWh/100 km rund 400 Kilometer weit – im Sommer sollte man dann auch am Fünfhunderter kratzen, sofern man sich fahrdynamisch etwas zurück hält. Geladen wird dann am Schnelllader mit bis zu 170 kW oder über Nacht an der heimischen Wallbox mit 11 kWh.
Dann wäre da noch der Preis. BYD verlangt für den komplett ausgestatteten Tang „Flagship“ 72.390 Euro -vergleichbare Fahrzeuge gibt es derzeit kaum am Markt. Verbrennende BMW X5 oder ähnliche Kapazunder sind deutlich teurer und angesichts der derzeitigen Lage in den USA rund um Elon Musk, wird sich wohl auch kaum jemand ein Tesla Model X antun, welches batterieelektrisch die einzige aber dabei auch weitaus teurere Alternative darstellt.